Pakethalle: Ein Theaterstück und ein Vortrag

Ralf Szieguleit, Hof.
 
Kunst braucht einen Adressaten

„Kunst ist was für die Studierten“, sagt ein Mann, der im Park die Hinterlassenschaften der Spaziergänger beseitigt. Und er sagt:“Wir haben andere Probleme, aber dafür interessieren die Künstler sich nicht.“ Er sagt dies im dritten und letzen Akt eines kleinen Theaterstücks- zu einem Maler, der seine Seele gerade an einen mephistophelischen Kunsthändler verkaufte. Das Stück ging am Freitagabend in der alten Pakethalle am Hofer Hauptbahnhof über die Bühne. Drei Künstler und ein Professor haben es, in einer Nacht, für den Katalog einer Ausstellung in der Moritzburg bei Dresden geschrieben. Es heißt „Die Blaue Bank“ und verhandelt wird darin das künstlerische Selbstverständnis im 20.Jashrhundert, mit unterschiedlichen Positionen logischerweise – von „Kunst will die Welt verbessern“ bis zu „Kunst geht nach Brot“. Das klingt trocken, ist es aber nicht. Vielmehr: geistreich, humorvoll und szenisch attraktiv. Aber wichtiger war, wo es hinführen sollte. Den es kam nach der halbstündigen Aufführung, noch einiges mehr; es kamen Vortrag und Diskussion – was ebenfalls trocken klingt und es ebenfalls nicht war. Die Blaue Bank, teilte der Vortragende Wolfram Höhne aus Weimar mit(der in der Fotogalerie der Pakethalle derzeit Ausschnitte aus seinem Zyklus „Arbeit“ präsentiert ),die gibt es wirklich. Höhne und Kollegen haben sie im Rahmen eines „Barockhaus-Projekts“vor das Landschaftspanorama der Dippelsdorfer Teiche platziert. Dort nahe der Moritzburg, pflegten sich einst die „Brücke“-Künstler zu treffen, um Bilder jenseits akademischer Kunsttraditionen zu malen. Gewöhnlich, sagt Höhne, sei der Künstler zwischen Atelier und Galerie zugange. Er schaffe ein Werk, das er dann loslasse auf die Öffentlichkeit. Beim „Barockhaus-Projekt“ sollte es anders sein. Die Künstler kamen „mit leeren Händen“und baten um Form -Mitbestimmung am Ort (denn es gibt einen Ort Moritzburg, der zum viel besuchten Jagdschloss gehört und sich in dessen Schatten stehend, der Wahrnehmung weitgehend entzieht). „Kunst braucht einen Adressaten“, so lautete der Untertitel des Projekts, dessen Resultate Höhne in seinem kurzweiligen Dia-Vortrag vorstellte- Sachen wie eine „Atom-Torte“ aus Porzellan, die großformatige Fotografie eines Ochsen oder die „Aktualisierung“ eines Denkmales für Käthe Kollwitz, die in Moritzburg gestorben ist. Auch eine Installation im Schlossteich war zu sehen; die hieß „Sterne lügen nicht“ und stiftete mancherlei Verwirrung. Im Katalog zur Ausstellung, sinnigerweise als Postkarten-Leporello gestaltet (wir haben es ja mit einem Ausflugsziel zu tun) lobte der Weimarer Professor Achim Preiß das „Barockhaus-Projekt“dafür, dass es das Publikum wieder an der Kunst teilnehmen lasse; zugleich sei es, so schrieb er, als „ein Modellversuch zu werten, den Wohlstand durch teilen und Abgeben zu mehren, was methodisch auch für die politische und wirtschaftlich Dimension der Krise Gültigkeit erlangen kann“. Wie weit das Modell anwendbar sei aufs Hofer Bahnhofsviertel, wurde abschließend gefragt. Im zweiten Jahr nun schon sucht rund um den Bahnhof die Kunst, mit Unterstützung der Stadterneuerung- Hof- GmbH, einen Adressaten- und vermag ihn nicht recht zu finden. Da könnte wie Kulturreferent Michael Tschoepe meinte, eine neue, mit dem Publikum kooperierende „Arbeitsweise“im Sinne Höhnes gewiss hilfreich sein:“Ich würde mir wünschen, das Viertel zur kulturellen Spielwiese zu machen.“ Freilich gab Tschoepe auch zu bedenken, dass dies nur gelingen könne „mit Intellektualität und professioneller Erfahrung“.