Der Dresdener Galerierahmen

Christoph Schölzel, Beitrag für die Publikation "Simultane Perspektiven"

Profilleiste des Dresdner Galerierahmens

 
"...die blendenden Rahmen, alle der Zeit noch näher, in der sie verguldet wurden,..." Mit diesen Worten beschreibt 1768 Johann Wolfgang von Goethe die Bilderrahmen der Dresdener Gemäldegalerie, die ihm neben den prächtigen Kunstwerken und dem festlichen Raumeindruck der Galeriesäle ins Auge gefallen waren. Dies verwundert nicht, da auch andere Autoren des 18. Jahrhunderts in Beschreibungen der Dresdener Gemäldegalerie immer wieder Bezug auf die Rahmen genommen haben. Tatsächlich muss es von großer Wirkung gewesen sein, eine Bildersammlung von annähernd 1400 Gemälden fast vollständig in gleichen, reich geschnitzten, gravierten und vergoldeten Schmuckrahmen präsentiert zu sehen. Diese einheitliche Galerierahmung stellt zwar kein Novum dar, ist aber wohl in dem Umfang bisher noch nicht dagewesen. Sie hatte die Funktion, die Gemälde der unterschiedlichsten Künstler zu vereinheitlichen und sie dem wandfüllenden Gestaltungsprogramm der Bildersäle einzufügen. Anlass für die einheitliche Rahmung der Bilder war die berühmte Erwerbung von einhundert meist italienischen Gemälden aus dem Besitz des Herzogs d«Este Francesco III, bei der jedoch die Rahmen in Italien verblieben. Die Ankunft der ungerahmten Gemälde im Oktober 1746 in Dresden löste einerseits die Erweiterung und den Umbau des Galeriegebäudes am Jüdenhof aus, andererseits wurde unverzüglich mit der Neurahmung nicht nur der einhundert Bilder, sondern des gesamten Gemäldebestandes begonnen. Diesen großen Auftrag erhielten die Holzbildhauer Matthias Kugler und Joseph Deibel, während die kostbaren Polimentvergoldungen in den Händen der Hofvergolder Hofmann und Müller lagen. Innerhalb weniger Jahre hat eine große Rahmenwerkstatt unter Leitung dieser Künstler hunderte, in reichem Rokokodekor gestaltete Rahmen angefertigt. Bereits 1752, dem Todesjahr von Matthias Kugler, waren die Arbeiten im wesentlichen abgeschlossen. Nachaufträge für diese Rahmen fertigte Joseph Deibel noch Jahre später an. Auch nach dessen Tod 1793 waren die Dresdener Galerierahmen im 19. und 20. Jahrhundert so geschätzt, dass man neu erworbene Bilder weiterhin mit Rahmen in derselben Formensprache versah. In den Dresdener Rahmen drückt sich ein Höhepunkt des Kunsthandwerkes des 18. Jahrhunderts aus. Während Matthias Kugler, aus München kommend, nur 11 Jahre in der Elbestadt tätig war, umfasst das Schaffen Joseph Deibels, des "wichtigsten Holzbildhauers des Rokoko in Dresden" neben den Galerierahmen auch zahlreiche Festsaalausstattungen von Palais und Schlössern, Prunkmöbel und Eingangstüren, wie die Tür des Brühlschen Palais, heute Güntzstraße 34. Bei allem Formenreichtum der Rocaillen, Blüten- und Muschelgebilde behalten die Schmuckrahmen eine strenge Gliederung durch den Wechsel von Mittel- und Eckornamenten zu geraden Profilleisten. Mit Ausnahme der Rahmen für die Pastellgemälde tragen sie alle auf dem unteren Holm die Initialen " AR" des Königs August des III. und in der Mitte oben das sächsisch-polnische Wappen. Dieses war mit einer vollplastisch ausgebildeten Krone bestückt, die in besonderem Maße den Stolz über den kostbaren königlichen Besitz ausdrückte.