Ines Luft in der Sächsischen
Zeitung, 29.8.2000.
Kunstprojekt Barockhaus wird am 8. September auf
Schloss Moritzburg eröffnet
Ab September sind sie in Moritzburg offiziell zu bewundern, die Beiträge
zum Kunstprojekt Barockhaus. Seine Veranstalter: zehn Künstler in
Zusammenarbeit mit Gemeinde, Schloss und Käthe– Kollwitz–
Gedenkstätte. Geplant war der öffentliche Start schon eher.
Doch nicht nur er hat sich verändert, sondern auch die Zahl und Art
der Kunstbeiträge.
Ein Projekt mit experimentellem Charakter nennt Manuela Mangold, eine
der beteiligten Künstler-innen, die Initiative Barockhaus. Zehn Künstler
haben sich auf Zeit zusammengetan, haben gemeinsam mit Gemeinde Schloss
und Käthe– Kollwitz– Gedenkstätte das Vorhaben in
die Wege geleitet.
Kunst soll wieder Adressaten haben
Als kunsthistorische Vorläufer bezeichnen sie die „Künstlergemeinschaft
Brücke“. Sie war Anfang des vergangenen Jahrhunderts in Moritzburg
aktiv. Einer der Barockhaus- Beiträge erinnert an die Gemeinschaft:
die „Blaue Bank“. Schöpfer Andreas Paeslack stellt sie
an den Dippelsdorfer Teich. Gemeinsam mit dem Dresdner Jens Herrmann zeichnet
der in Berlin lebende und arbeitende Künstler für die Idee und
Konzeption verantwortlich. Zu den Grundgedanken zählt, durch Kunst
direkten Zugang zu gesellschaftlichen Prozessen zu schaffen. Manuela Mangold:
Kunst soll wieder einen Adressaten haben, nämlich den Menschen mit
seinen Bedürfnissen.
Das Barockhaus- Rezept: Keine Atelierarbeit machen, mit den Einwohnern
eng kooperieren. Beredtes Beispiel dafür ist der Modellbauwettbewerb.
Alle Moritzburger sind aufgerufen, ihr Wohnhaus, ein anderes Gebäude
oder eine Sehenswürdigkeit des Ortes im Modell darzustellen. 13 Modelle
sind inzwischen bei der Gemeinde eingegangen, drei noch angekündigt.
Und wer sich die Teilnahme erst jetzt überlegt, hat Kämmerer
Jörg Hänisch zufolge dazu bis Ende der Woche Zeit. Auch diese
Arbeiten werden der Öffentlichkeit nicht vorenthalten, sind in wenigen
Tagen im Schloss zu sehen. Noch auf andere Weise sind die Einwohner dort
vertreten: auf Fotografien, die die Berlinerin Manuela Mangold jetzt aufnimmt.
Der Dauerausstellung des Schlosses hat sich Barockhaus ebenfalls angenommen.
So tanzt in der Scherbensammlung ein Elefant, ein zerstörtes Wandgemälde
wird per Projektion ergänzt, und in der Porzellansammlung mit der
„Atompilztorte“ des Atombombenabwurfs in Hiroshima gedacht.
Nicht zuletzt rund um den barocken Bau sind die Künstler am Werk.
Luftschlösser schwimmen und schweben im und überm Schlossteich.
Bojen auf dem Gewässer bilden die Sternbilder Kreuz des Südens
und Fliege nach.
Obwohl das Schloss im Mittelpunkt des Projektes steht, wird Barockhaus
auch an anderer Stelle Spuren hinterlassen. Welche Bedürfnisse hat
die Gemeinde? Wo kann die künstlerische Arbeit eingreifen? Die Fragen
standen gleich bei der Geburt des Projektes, das auch nach außen
wirken will. Beispielsweise mit dem Moritzburger Ross. Drei Pferdesilhouetten
sollen künftig an den Zufahrtsstraßen grüßen. Aus
Stahl waren sie geplant, nun entstehen die Rösser aus Holz. „Wir
wollen den Außenraum nicht belasten“, sagt Manuela Mangold.
Barockhaus zeigt16 Beiträge
Ähnlich dem Rossvorhaben entwickelten sich alle Arbeiten. Material
wurde geprüft, ebenso die Realisierbarkeit hinsichtlich des technischen
und finanziellen Aufwandes. Manches wurde verworfen, anderes ist neu dazugekommen.
Zu Letztgenannten gehören die Tischordnung vorm „Bärenhäusl“-
eine Sitzgelegenheit nicht nur für die Restaurantbesucher –
sowie die Neugestaltung des Platzes am Käthe-Kollwitz-Denkmal.
Insgesamt 16 Beiträge wird Barockhaus ab Freitag nächster Woche
zeigen. Sie sollen neugierig und betroffen machen, sollen zum Nachdenken
und Diskutieren anregen. Auch die Künstler selbst sind auf Resultate
und Reaktionen gespannt. Manuela Mangold: „Das Projekt liegt uns
am Herzen.“
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